Der Kampf gegen Verbrenner, insbesondere Diesel, ist wohl kaum noch aufzuhalten. Da helfen auch neuere, saubere Verbrenner nicht mehr viel.
Es ist aber dennoch klar, dass ein Ersatz her muss. Theoretisch gibt es da sogar eine ganze Reihe von Möglichkeiten: Zum Beispiel Erdgas, Bioethanol oder Bioerdgas (Artikel).
Die besten Chancen hat allerdings bisher das Elektroauto (Artikel). Schließlich bringt spätestens 2020 jede Automarke, die etwas auf sich hält, die ersten “reinrassigen” Elektromodelle auf den Markt. Und weitere, interessante Studien (Artikel) sind auf dem Weg.
Das heißt aber nicht, dass jeder davon begeistert ist. Oder, dass Elektroautos keine Nachteile haben. Die Ladezeiten sind lang, der Preis hoch und die Reichweiten oftmals zu gering. Zwar verbessern sich Elektroautos inzwischen jährlich in allen Punkten, auf Verbrennerniveau sind sie trotzdem noch nicht.
Die Lösung? Vielleicht Wasserstoff- und Brennstoffzellenautos.
Große Reichweiten und trotzdem sekundenschnell laden
Wasserstoff- und Brennstoffzellenautos bestechen durch hohe Reichweiten. Der Toyota Mirai, derzeit das namhafteste Brennstoffzellenauto, weist immerhin eine Reichweite von 500 Kilometern (laut Hersteller) auf. So eine Reichweite gibt es bei Elektroautos momentan sonst nur bei Premiummarken.
Der Toyota Mirai konnte dies hingegen schon 2014. Gäbe es ähnliche Investitionen in Brennstoffzellen- und Wasserstoffautos, wäre es wahrscheinlich, dass diese langfristig in puncto Reichweite die Nase vorn hätten.
Ein zusätzliches Plus: Die Reichweite eines Brennstoffzellenautos wird kaum von Temperaturunterschieden beeinflusst. Elektroautos büßen dagegen bei Kälte massiv an Reichweite ein.
Die Ladezeiten sind einem Verbrenner ähnlich. Der zuvor genannte Toyota Mirai lässt sich innerhalb von circa drei Minuten bei fünf Kilogramm Tankinhalt vollladen. Das kann (bisher) kein Elektroauto - selbst an Schnellladestationen.
Randnotiz: Brennstoffzellenautos und Wasserstoffautos sind nicht dasselbe
Umgangssprachlich spricht man oft von Wasserstoffautos, wenn man Brennstoffzellenautos meint. Das kommt von ihrer großen Gemeinsamkeit, dass sie beide Wasserstoff tanken.
Jedoch verbrennen Wasserstoffautos den Treibstoff direkt und sind damit Verbrenner, während Brennstoffzellenautos den Wasserstoff zu einer “umgekehrten Elektrolyse” nutzen, einen Elektromotor besitzen und somit technisch gesehen Elektroautos sind.
Echte Wasserstoffautos werden heutzutage kaum noch hergestellt, da sie eine größere technische Herausforderung darstellen als Brennstoffzellenautos, ohne große Vorteile zu bieten.
Der große Haken: Brennstoffzellenautos sind sehr teuer
Derzeit gibt es nur sehr wenige Brennstoffzellenautos. Und noch weniger, die sich in der Massenproduktion befinden. Im deutschsprachigen Raum werden momentan ungefähr fünf verschiedene Modelle zum Verkauf angeboten.
Und diese sind entsprechend teuer. Unter rund 60.000 Euro, unabhängig von der Marke, spielt sich leider nichts ab.
Als Problem wird oft genannt, dass in der Herstellung von Brennstoffzellenautos Platin verwendet werden muss. Jeder, der sich schon mal Platinschmuck angeschaut hat, weiß, dass dies kein billiger Spaß ist. Der derzeitige Preis pro Kilogramm (Stand: 01/2019) liegt bei rund 23.000 Euro (23 Euro pro Gramm). Laut der “Zeit” (Stand 2014) werden 40-50 Gramm pro Brennstoffzellenauto benötigt.
Inzwischen konnte der Platinverbrauch aber maßgeblich gesenkt werden.
"Platin ist nicht mehr der größte Kostenfaktor in der Brennstoffzelle, wir haben den Gehalt um 90 Prozent gegenüber dem Vorgängermodell reduziert", so Christian Mohrdieck für Daimler über den Mercedes GLC F-Cell.
Zudem konnte das Platin bei einigen Modellen erfolgreich durch wesentlich günstigeres Kobalt ersetzt werden.
Im Endeffekt liegt der hohe Preis von Brennstoffzellen- und Wasserstoffautos vor allem an fehlendem Interesse der verschiedenen Geldgeber, aber auch der Bevölkerung.
Forschungsgelder werden derzeit bevorzugt in Elektroautos und in den Ausbau der Infrastruktur für diese (Artikel) gesteckt. Obwohl sich Politiker, wie Sebastian Kurz, sehr wohl schon für Wasserstoff stark gemacht haben (Artikel, extern). Allerdings: Laut einer Studie der Statista können sich außerdem bereits zwei Drittel aller Leute vorstellen, ein Elektroauto zu besitzen. Daher gibt es für viele Investoren auch keinen großen Anlass anderswo zu forschen.
Nichtsdestotrotz wird in Brennstoffzellentechnologie investiert. Diejenigen, die auf eine umweltfreundliche Alternative mit höheren Reichweiten und kürzeren Ladezeiten hoffen, können noch hoffen. Doch vorerst werden Brennstoffzellenautos teuer bleiben.
Wasserstoffkosten ähnlich wie bei Benzin
Für Autofahrer und Autofahrerinnen sind allerdings nicht nur die Anschaffungskosten wichtig, sondern auch die Betriebskosten und insbesondere die Treibstoffkosten.
Für 100 Kilometer mit einem Brennstoffzellenauto braucht man in etwa zwischen 1 und 1,1 Kilogramm Wasserstoff. Ein Benziner im Durchschnitt 8,2 Liter.
(Der genaue Verbrauch hängt jedoch vom Fahrzeug und vom Fahrstil ab.)
Somit liegen die Kosten eines Benziners für 100 Kilometer bei einem Literpreis von 1,24 Euro bei insgesamt 10,17 Euro. Ein Brennstoffzellenauto dagegen kostet per 100 Kilometer (bei einem Kilopreis von 9,50 Euro) 10,45 Euro. Leicht teurer, aber nicht viel. Und für viele Autofahrer grundsätzlich ein akzeptabler Preis.
Dennoch kann das Brennstoffzellenauto in diesem Punkt nicht mit Elektroautos mithalten. Der Nissan Leaf, das weltweit beliebteste Elektroauto, hat beispielsweise einen Verbrauch von 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Bei einem Strompreis von 29,6 Cent sind das gerade mal 4,44 Euro. Das ist weniger als die Hälfte von dem, was 100 Kilometer mit einem Benziner oder einem Brennstoffzellenauto kosten.
Das kann sich nur ändern, wenn Wege erforscht werden, wie Wasserstoff günstiger produziert werden kann. Oder alternativ die “wheel-to-wheel”-Effizienz von Brennstoffzellenautos erhöht werden kann. Diese liegt momentan nämlich nur bei 22%. Dann würde man mit derselben Menge Treibstoff mehr Reichweite erzielen.
So umweltfreundlich sind Brennstoffzellenautos
Genau wie Elektroautos gelten Brennstoffzellenautos als klimaneutral im Betrieb. Das einzige was sie beim Fahren hinterlassen, ist eine Spur aus reinem Wasser auf der Fahrbahn, die als Abfallprodukt entsteht.
Allerdings gilt sowohl für Elektroautos als auch Brennstoffzellenautos, dass man sich das Thema Umweltfreundlichkeit ganzheitlich anschauen muss. Das heißt, es geht nicht nur darum, was das Fahrzeug während der Fahrt (nicht) ausstößt, sondern auch um die Produktion des Fahrzeuges und des Treibstoffes.
Bei der Herstellung geringere Treibhausgasemissionen
Ein herkömmlicher Verbrenner verschuldet bei der Herstellung des gesamten Fahrzeuges zwischen sechs und acht Tonnen CO2.
Ein kleines Elektroauto verursacht diese Menge jedoch allein schon durch die Herstellung der Batterien. Das ist allerdings relativ zu sehen: Fährt man ein Elektroauto genug, holt es diese Umweltsünde bald schon wieder auf. Ein Nissan Leaf lohnt sich schon nach 49.500 Kilometern im Vergleich zu einem ähnlichen Verbrenner.
Aber zurück zum Brennstoffzellenauto: Generell sind sich Experten einig, dass bei der Herstellung von Brennstoffzellenautos wesentlich weniger Treibhausgasemissionen entstehen, als bei der Herstellung eines Elektroautos. Denn bei der Herstellung eines modernen Elektroautos (inkl. Akku, 600 km Reichweite) rechnet man mit rund 10,5 Tonnen Treibhausgasemissionen. Bei einem Brennstoffzellenauto (inkl. Akku, 600 km Reichweite) sind es nur 3,2 Tonnen - weniger als ein Drittel eines Elektroautos.
Genauso wie bei Lithium-Ionen-Batterien werden allerdings Materialien benötigt (zum Beispiel Platin oder Kobalt), die oftmals zu menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut werden. Diese Last kann erleichtert werden, indem diese Materialien recycelt werden, was zu hohen Anteilen auch möglich ist.
Wasserstoff oft nicht sauber hergestellt
Wie sauber ein Elektroauto fährt, hängt zu großen Teilen auch von der Stromquelle ab. Nur wenn das Auto Strom aus nachhaltigen Energiequellen tankt, gilt das Fahren tatsächlich als CO2-neutral.
Beim Brennstoffzellenauto verhält es sich ähnlich. Grundsätzlich ist die “umgekehrte Elektrolyse” von Wasserstoff, durch die Brennstoffzellenautos Energie gewinnen, klimaneutral, aber nicht notwendigerweise die Herkunft des Wasserstoffes.
Das derzeit häufigste Herstellungsverfahren ist die Dampfreformierung. Dabei wird der Wasserstoff aus Methan oder anderen Gasen hergestellt. Das Problem hierbei ist, dass es dabei sehr hohe Schadstoffemissionen gibt. Das ansonsten so umweltfreundliche Brennstoffzellenauto ist im CO2-Ausstoß plötzlich nur noch 50% besser (laut OMV) als ein vergleichbarer Benziner. Wenn der Wasserstoff durch Dampfreformierung hergestellt wurde, spricht man von "grauem Wasserstoff".
Wird grauer Wasserstoff für die Brennstoffzellenautos genutzt, kommen die Fahrzeuge im Betrieb nicht mal annähernd an ein Elektroauto heran, selbst wenn der Strom nicht “sauber” getankt wurde.
Denn: In Österreich fallen durchschnittlich pro Kilowattstunde Strom (inklusive importiertem Strom) 280 Gramm CO2 an. Würde man daher einen Nissan Leaf wahllos an verschiedene Steckdosen Österreichs anstecken, würde daher ein durchschnittlicher CO2 Ausstoß von 4,2 Kilogramm pro 100 Kilometer entstehen. Ein Dieselauto mit 5,5 Liter Verbrauch pro 100 Kilometer bringt dagegen ganze 14,6 Kilogramm CO2 auf die Waage. Ein Brennstoffzellenauto mit 50% weniger Ausstoß als ein Verbrenner würde daher immer noch über 7 Kilogramm CO2 pro 100 Kilometer bedeuten.
Elektrolyse als saubere Alternative
Jedoch gibt es noch eine wesentlich umweltschonendere Methode, um Wasserstoff zu gewinnen: Die Elektrolyse.
Wasser wird durch die Zugabe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Die Energie des Stroms wird hierbei im Wasserstoff gespeichert. Dann kann der Wasserstoff vom Brennstoffzellenauto getankt werden und wieder in Energie umgewandelt werden.
Hier gilt dann dasselbe wie bei Elektroautos: Bei der Umweltfreundlichkeit kommt es darauf an, wo der Strom herkommt. Strom aus nachhaltigen Quellen ist dabei vorteilhafter für die Umweltbilanz.
Im Vergleich zur Dampfreformierung wird die Elektrolyse allerdings wenig eingesetzt, wobei vor allem der Kostenunterschied zwischen den zwei Methoden eine große Rolle spielt.
Wasserstoff-Recycling als dritte Option
Experten haben allerdings auch bereits vorgeschlagen, Wasserstoff zu recyceln: In vielen Fabriken fällt Wasserstoff als Abfallprodukt an. Dieser könnte als Treibstoff für Brennstoffzellen- und Wasserstoffautos wiederverwertet werden. Bisher wird dieser Ansatz jedoch noch nicht verfolgt.
Das fatale Henne-Ei-Prinzip
Die Infrastruktur für Brennstoffzellenautos ist derzeit noch sehr dürftig. In Österreich kann man die öffentlichen Wasserstofftankstellen fast an einer Hand abzählen. Eine in der Steiermark, eine in Wien, eine in Niederösterreich, eine in Tirol und zwei in Oberösterreich. Macht sechs.
Zum Vergleich: Österreichweit gibt es rund 3.400 E-Tankstellen und 2.600 Benzin-, beziehungsweise Dieseltankstellen.
Da die Infrastruktur unzureichend ist, möchten sich selbst Fans des Brennstoffzellenautos normalerweise keines zulegen. Und weil kaum jemand Brennstoffzellen kauft, wird die Infrastruktur auch nicht erweitert.
Hier spricht man vom Henne-Ei-Prinzip: Weil das Eine das Andere bedingt um zu entstehen, entsteht im Endeffekt oft keines von beiden.
Anfangs galt allerdings dasselbe für Elektroautos. Es ist also nicht unmöglich, den Teufelskreis zu durchbrechen. Es benötigt allerdings einige riskante Investitionen in die Infrastruktur und/oder die Herstellung von Brennstoffzellenautos. Die Frage ist nur, wer erklärt sich dazu bereit?
Fazit
Brennstoffzellenautos sind eine Technologie mit viel Potenzial. Sie erreichen mühelos hohe Reichweiten und die Ladezeiten sind sehr gering. 500 Kilometer Reichweite werden beispielsweise in weniger als fünf Minuten geladen.
Brennstoffzellenautos können außerdem im Thema Umweltfreundlichkeit punkten. Die Herstellung ist laut Experten maßgeblich schonender als die eines Elektroautos, sind die Treibhausgasemissionen doch nur ein Drittel so hoch wie bei einem Elektroauto. Bei der Treibstoffherstellung sieht es allerdings schlechter aus, so lange weiterhin hauptsächlich Dampfreformierung genutzt wird. Hier müssen Alternativen wie die Elektrolyse genutzt werden, damit Brennstoffzellenautos umweltfreundlich verwendet werden können.
Dazu kommt, dass die Technologie sehr teuer ist. Massenproduktionen würden die Fahrzeuge billiger machen, dafür muss aber das Interesse wachsen. Die Treibstoffkosten für Brennstoffzellenautos sind ebenfalls wesentlich höher als die eines Elektroautos. Pro 100 Kilometer kostet Wasserstoff in etwa dasselbe wie Benzin.
Aber was ist jetzt wirklich besser: Brennstoffzellenautos oder Elektroauto?
Im Fazit hat das Brennstoffzellenauto in folgenden Punkten die Nase vorn:
- Reichweite
- Umweltfreundlichkeit Fahrzeugherstellung
Elektroautos punkten dagegen mit:
- Anschaffungspreis
- Treibstoffkosten
- Infrastruktur
- Umweltfreundlichkeit Betrieb (bei österreichischem Strommix, im Vergleich zu grauem Wasserstoff)
Laut Status quo haben Elektroautos eine längere Liste an Vorteilen als Brennstoffzellenautos. Das heißt aber nicht, dass sie automatisch besser sind. Das hängt ganz von den Bedürfnissen und Möglichkeiten des Fahrers oder der Fahrerin ab. Dazu kommt, dass einige Nachteile von Brennstoffzellenautos ausgemerzt werden können. Wasserstoff als Treibstoff hat also durchaus Potenzial.
Aber werden sich Brennstoffzellenautos angesichts des Aufstiegs des Elektroautos noch durchsetzen können? Können die beiden koexistieren? Oder wird Wasserstoff Elektroautos übertrumpfen?
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