Formel E ist elektrischer Rennsport von denselben Organisatoren wie der Formel 1. Die Geschwindigkeiten sind zwar niedriger, dafür ist die Beschleunigung umso schneller, was das Rennen so spannend macht.
Wir haben zuvor schon über den Start der neuen Formel E-Saison 2018/19 und über die ersten Rennen berichtet.
Formel E ≠ Formel 1
Formel E ist die elektrische Formel 1, aber gleichzeitig ist es auch völlig anders. Regeln, Bedingungen und Strategien in der Formel E sind grundlegend anders: Nicht zuletzt geht es hier weniger um das Auto und noch mehr um die Fähigkeiten des Fahrers. Und gleichzeitig braucht es auch ein wenig Glück: Denn auch Zuschauer können Einfluss auf das Geschehen nehmen.
Der Unterschied zur Formel 1 beginnt damit, dass die Formel E auf Stadtkursen stattfindet, statt auf eigens angelegten Rennstrecken, und endet damit, dass alle Rennwagen auf derselben Chassis aufbauen.
Die wichtigsten Unterschiede haben wir hier aufgelistet:
- Alle Rennautos sind rein elektrisch (mit einer einheitlichen 55 kWh Batterie)
- Die Rennen finden nur auf Stadtkursen statt
- Alle Autos basieren auf demselben Chassis
- Es gibt eine Maximalleistung von 200 kW (272 PS)
- Es gibt ein Zeitlimit (45 Minuten, plus eine Extrarunde), statt eine vorbestimmte Rundenzahl
- Es gibt keine Boxenstopps
- Fans nehmen mittels “Fan Boost” Einfluss
Grundregeln
Ein Formel E Rennen findet innerhalb eines einzigen Tages statt. Alle Fahrer (und Fahrerinnen: Theoretisch dürfen, wie auch in der Formel 1, Frauen ebenfalls antreten) haben zunächst zwei Gelegenheiten, Proberennen zu fahren.
Danach findet das Qualifying statt. Hierbei geht es darum, die Startpositionen zu bestimmen. Die Fahrer werden in Teams aufgeteilt, die gegeneinander antreten - damit nicht zu viele auf einmal auf der Rennstrecke sind. Die Einteilung erfolgt je nachdem, auf welchem Platz der jeweilige Fahrer das letzte Rennen belegt hat.
Jeder Fahrer versucht nun, eine Runde schnellstmöglich zu absolvieren. Dafür haben sie sechs Minuten Zeit. Die am schnellsten absolvierte Runde zählt.
Die schnellsten sechs Fahrer müssen allerdings noch einmal gegeneinander antreten, um die ersten sechs Startpositionen zu bestimmen. Außerdem bekommt der Erste drei Zusatzpunkte.
Für das eigentliche Hauptrennen haben die Fahrer 45 Minuten plus eine Extrarunde Zeit. Soll heißen, der Erste, der nach 45 Minuten die Ziellinie überquert, startet die Extrarunde. Wer nun als Erstes die Ziellinie erreicht hat dieses Rennen gewonnen und bekommt dafür Punkte. Die anderen Fahrer erhalten, je nach ihrem Rang, ebenfalls Punkte, aber eben weniger.
Die Formel E, genauso wie die Formel 1, erstreckt sich über mehrere Rennen an verschiedenen Strecken. Wer schlussendlich am meisten Punkte hat, ist Gewinner der jeweiligen Saison.
Fan Boost und Attack Mode
Obwohl die Leistung der Rennwagen auf 200 kW beschränkt ist, gibt es zwei Möglichkeiten, die Leistung kurzzeitig über das Limit hinaus zu steigern: Fan Boost und Attack Mode.
Ein paar Tage vor dem Rennen bis 15 Minuten nach Beginn des Rennens können Fans für ihren Lieblingsfahrer stimmen. Das können sie über Twitter, der offiziellen Fan Boost Webseite oder in der Formel E-App tun.
Die fünf beliebtesten Fahrer erhalten dann den Fan Boost: Eine einmalige Leistungssteigerung von 25 kW für fünf Sekunden, die per Knopfdruck aktiviert werden kann - und erst nach den ersten 20 Minuten.
Das ermöglicht Zuschauern, das Geschehen zu beeinflussen und involviert sie tiefer in das Geschehen. Jedoch ist auch fraglich, ob die Beliebtheit eines Fahrers im Rennsport eine Rolle spielen sollte. Das könnte es neuen Fahrern auch schwieriger machen aufzuholen.
Attack Mode dagegen, auch “Mario Kart Mode” unter Fans genannt, steht jedem Fahrer zur Verfügung. Um die extra 25 kW zu aktivieren, muss der Fahrer einfach über bestimmte Bereiche auf der Strecke fahren. Die Bereiche sind typischerweise an einem ungünstigen Teil der Strecke, sodass der Fahrer eigentlich Zeit dadurch verliert. Gut genutzt macht es diesen Nachteil aber schnell wieder wett.
Wie oft Attack Mode in einem einzigen Rennen aktiviert werden kann und wie lange ein Attack Mode dauert, wird erst kurz vor dem Start des Rennens verkündet.
Sowohl Fan Boost als auch Attack Mode können ein Rennen in nur wenigen Sekunden wenden, was beides zu sehr spannenden Sachen macht. Vor allem, wenn beide in Kombination verwendet werden. Häufig werden sie benutzt um einen Gegner zu überholen oder auch um einen Gegner eben nicht vorbeizulassen. So können Fan Boost und Attack Mode über Sieg oder Niederlage bestimmen.
Können macht zum König
Dass alle Fahrer fast denselben Rennwagen benützen, bedeutet, dass das Rennen weniger in der Hand der Autohersteller liegt.
Stattdessen haben die Fahrer größtenteils dieselben Voraussetzungen (abgesehen von Fan Boost) und die Platzierung hängt mehr von ihrem eigenen Können ab. Formel E fordert Entscheidungen in Millisekunden, vor allem was die Nutzung von Attack Mode und Fan Boost angeht.
Zudem benötigt jeder Fahrer ein gutes Urteilsvermögen. Die Reichweite der Rennwagen sind begrenzt und gleichzeitig wissen die Fahrer nicht, wie viele Runden - also wie weit - sie fahren werden. Daher müssen sie einschätzen, wie schnell sie wann fahren. Denn eine höhere Geschwindigkeit gleicht einem höheren Reichweitenverbrauch. Und niemand will in der Formel E auf der Strecke liegen bleiben, nur weil man die Strecke nicht richtig beurteilt hat.
Jung, unerfahren, aber lustig
Viele eingesessenen Formel 1 Fans halten nicht viel von der Formel E: Sie ist noch jung und entwickelt sich noch. Den typischen Formel 1-Motorsound gibt es auch nicht - nur das Quietschen der Reifen.
Allerdings kann man die Formel E auch als eine neue Chance auffassen. Eine Chance, den Mainstream-Motorsport neu zu erfinden. Und eine Chance für Motorsport-Novizen, sich für die Sache zu begeistern. Denn Formel E ist sehr einsteigerfreundlich.
Da sie noch relativ jung ist, wird es nicht als selbstverständlich gesehen, dass man alle Regeln kennt, das macht die Einstiegsschwelle niedriger. Zudem bezieht die Formel E, Dank des Fan Boosts, die Fans aktiv ein. Das macht Spaß, unabhängig davon, was man davon hält. Außerdem sind Formel E Rennen ein kürzeres Vergnügen, dass einem keine bis zu zwei Stunden lange Aufmerksamkeitsspanne abverlangt. Ein 40 minütiges Rennen ist dagegen leichtere Kost.
Die Formel E wird in nächster Zeit sicher nicht die Formel 1 ersetzen. Das ist auch nicht ihr Ziel. Aber Motorsport-Fans, die noch mehr wollen, können hier eine zusätzliche Dosis finden und neue Interessierte können in der Formel E ihren Einstieg in den Motorsport finden.
Das zweite Rennen der Saison findet am 12. Jänner in Marrakesch statt.
Das war das Rennen in Marrakesch.